Gabriele Schönfelder gilt als älteste Direktstudentin an der HSZG. Im Interview berichtet sie von ihren Beweggründen für ein Studium im späteren Lebensabschnitt und die Bedeutung von „Lebenslangem Lernen“.
Gabriele Schönfelder hat im Jahr 2018 im Alter von 67 Jahren ihren Master in Sozialer Gerontologie an der Fakultät Sozialwissenschaften an der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) erfolgreich abgeschlossen. Doch das reichte ihr nicht: Sie begann ein weiteres Masterstudium in Management des Sozialen Wandels, das sie 2023 erfolgreich beendete.
Als Absolventin der Kunsthochschule Berlin Weißensee arbeitete sie zunächst als Innenarchitektin und Produktdesignerin. In den 90er-Jahren wurde sie als Ostdeutsche in den Vorstand des Verbands Deutscher Industriedesigner (VDID) gewählt. Ihr Berufsleben war stets von interdisziplinärem Arbeiten und ständigem Lernen geprägt.
Von 2003 bis 2013 lebte Schönfelder in Bad Muskau und engagierte sich stark für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-polnischen Raum. Sie initiierte zahlreiche Projekte zur Bewältigung des demografischen Wandels und zur Förderung der regionalen Entwicklung.
Die Entscheidung, erneut zu studieren, wurde durch ihr Engagement in Projekten zur regionalen Entwicklung und den Herausforderungen des Strukturwandels beeinflusst. Während ihres Studiums an der HSZG integrierte sie ihre umfangreichen Berufserfahrungen und ihr interdisziplinäres Wissen in die akademische Gemeinschaft und trug aktiv zu Diskussionen und Projekten bei.
In ihrer Masterarbeit „Ressourcen von Nachbarinnen und Nachbarn für die Zukunft“ untersuchte sie die Bedeutung der Zusammenarbeit in der deutsch-polnischen Grenzregion Görlitz/Zgorzelec. Ihre Forschung betonte die Wichtigkeit der sprachlichen und kulturellen Verständigung für eine erfolgreiche regionale Zusammenarbeit.
Gabriele Schönfelder zeigt, dass lebenslanges Lernen und aktives Engagement auch im höheren Alter möglich und bereichernd sind. Ihre Zeit an der Hochschule Zittau/Görlitz ist ein inspirierendes Beispiel für die Möglichkeiten, die sich durch Neugierde und Wissensdurst eröffnen.
Im Interview erzählt Gabriele Schönfelder von Beweggründen und Motivationen für ein Studium der Sozialwissenschaften im höheren Lebensalter.
Frau Schönfelder, was hat Sie motiviert, nach einem erfolgreichen Berufsleben ein Studium der Sozialen Gerontologie zu beginnen?
Während meiner Zeit in Bad Muskau (2003-2013) habe ich Projekte zur Bewältigung des demografischen Wandels entwickelt. Dabei erkannte ich die Chancen und Herausforderungen des Strukturwandels und beschloss, meine Kenntnisse zu vertiefen. Die Hochschule Zittau/Görlitz war mir durch Kooperationsprojekte bekannt, und ich wollte selbst wissenschaftlich arbeiten. Professor Andreas Hoff ermutigte mich, Soziale Gerontologie zu studieren. Und das mit 67 Jahren.
Welche besonderen Herausforderungen haben Sie während Ihres Studiums erlebt und wie sind Sie damit umgegangen?
Im ersten Studium, dem berufsbegleitenden Master-Studiengang Soziale Gerontologie, gab es keine Probleme, da auch andere Studierende älter waren. Im zweiten Masterstudium Management des Sozialen Wandels war ich die älteste Studentin, aber die Zusammenarbeit mit jüngeren Kommiliton*innen verlief reibungslos. Ich konnte durch mein Berufsleben gut mit digitalen Medien umgehen und fühlte mich bei Weitem nicht als Bremserin.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der jungen Generation bei gemeinsamen Projektarbeiten?
Die Zusammenarbeit war normal und fachlich geprägt. Es gab keine negativen Kommentare und mein Notendurchschnitt war gut. Die Studierenden schätzten meinen Beitrag und es gab Verwunderung darüber, ob ein Abschluss im Alter sinnvoll sei, was ich bejahte.
Wie haben sich Ihre beruflichen Erfahrungen auf Ihr Studium und Ihren Blick auf die Sozialwissenschaften ausgewirkt?
Meine Arbeit als Innenarchitektin und Produktdesignerin erforderte interdisziplinäre Zusammenarbeit, was sich in meinem Studium als hilfreich erwies. Ich fokussierte mich stärker auf die Ressourcen von Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts.
Wie haben Ihre Erfahrungen im Studierenden- und Fakultätsrat Ihre Sicht auf Bildung und sozialen Wandel beeinflusst?
Die Hochschule sollte Forschung und Lehre im Blick haben und auf Augenhöhe mit den Studierenden zusammenarbeiten. Die Arbeit in den Räten zeigte mir die Bedeutung guter Vorbereitung und respektvollen Umgangs miteinander.
Können Sie uns mehr über Ihre Masterarbeit "Ressourcen von Nachbarinnen und Nachbarn für die Zukunft" berichten?
Ich untersuchte die Zusammenarbeit in der deutsch-polnischen Grenzregion Görlitz/Zgorzelec und die Bedeutung gemeinsamer Ressourcen. Die Ergebnisse zeigten eine hohe Identifikation der Bewohner*innen mit der Region und die Notwendigkeit eines mehrsprachigen Dialogs.
Wie hat Ihr Erasmus-Auslandssemester an der Universität Wroclaw Ihre Perspektive erweitert?
Das Auslandssemester erweiterte meinen Horizont, besonders durch die Internationalität der Uni und das Willy Brandt-Zentrum. Ich beschäftigte mich intensiver mit der Geschichte und Entwicklung der EU-Grenzregionen.
Was würden Sie Menschen raten, die im mittleren oder höheren Alter studieren möchten?
Lernen setzt Neugier und Anstrengungsbereitschaft voraus. Es gibt viele Wege, aktiv zu altern und sich weiterzubilden. Wichtig ist, Prioritäten zu setzen und sich um die Gesundheit zu kümmern.
Was bedeutet für Sie "Lebenslanges Lernen"?
Lebenslanges Lernen bedeutet, ständig Neues zu lernen, sei es informell oder durch Kurse. Gesundheitliche Herausforderungen während meines Studiums meisterte ich durch Pausen und körperliche Aktivitäten.
Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
Beruflich ist es schwer, als ältere Wissenschaftlerin eingebunden zu werden, aber ich arbeite weiter an Projekten zu Ressourcen im Alter und der Entwicklung der Europastadt Görlitz/Zgorzelec.
Abschließend, was möchten Sie anderen Menschen über Ihren Bildungsweg mitteilen?
Bleiben Sie authentisch und denken Sie an Selbstwirksamkeit. Lernen ist eine Möglichkeit, aktiv zu bleiben und Freude am Leben zu haben. Nutzen Sie Ihre individuellen Ressourcen und verbreiten Sie eine positive Stimmung. Seien Sie gelassen und achtsam. Eines meiner Lieblingszitate nach Marc Aurel lautet: "Mit der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an".
Das Interview führte Cornelia Rothe, Stabsstelle Hochschulentwicklung und Kommunikation.