Digitales Kursangebot für Studierende auf der Lernplattform OPAL
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Versorgung und Betreuung, und damit der Schutz von Kindern, fallen in den ersten Lebensjahren vor allem der Familie als Sozialisationsinstanz zu. Sozial-Pädagogische Fachkräfte übernehmen in verschiedenen Handlungsfeldern eine zentrale Aufgabe und Funktion bei der Begleitung von Eltern und Kindern und werden somit auch mit Fragen des Schutzes und des Kindeswohls konfrontiert.
Um angehende Fachkräfte im Studium besser auf diese Aufgabe vorzubereiten und die Studierenden in ihrem Bildungsprozess zu unterstützen, wurde an der Fakultät Sozialwissenschaften der HSZG ein digitaler Kurs „Kinderschutz – Kinderrechte – Kindeswohl“ auf der Lernplattform OPAL für Studierende entwickelt. An der Erarbeitung des Kurses waren als verantwortliche AutorInnen Prof. Torsten Linke, Alexandra Marx und Cordula Lasner-Tietze beteiligt. Der Kurs bietet für alle Studierenden ausgewählte Informationen, Literatur, Hinweise und Arbeitsmaterialien zum Thema Kinderschutz. Für Studierende der Sozialen Arbeit besteht die Möglichkeit einen aus sechs Modulen bestehenden Online-Kurs zum Kinderschutz zu bearbeiten und eine Teilnahmebestätigung zu erhalten.
Link zum Kurs: https://bildungsportal.sachsen.de/opal/auth/RepositoryEntry/47476867074
Beginnend von der frühkindlichen Betreuung in Tagesangeboten und Kindertagesstätten folgt eine weitere Begleitung in schulischen Kontexten. Viele Kinder und Jugendliche nehmen darüber hinaus Angebote der Kinder- und Jugendarbeit und der Kinder- und Jugendverbandsarbeit wahr. Damit kommen auch ehrenamtlich Tätige in den Verantwortungsbezug zum Kinderschutz. In allen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit können Fachkräfte mit Menschen, die Eltern sind, in Kontakt kommen. Von diesen Eltern können an die Fachkräfte als sozialarbeiterische Expert:innen auch Fragen zur Erziehung, Versorgung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen adressiert werden. Dies kann auch Gespräche umfassen, die zu einer konkreten Befassung mit dem Kindeswohl führen und Gefährdungsthematiken aufzeigen. Wenn die Familie, die leiblichen Eltern und die Sorgeberechtigten von Kindern und Jugendlichen ihrer Aufgabe als Sozialisationsinstanz nicht ausreichend nachkommen können, müssen Institutionen und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe angemessen unterstützen. Bei einer akuten Kindeswohlgefährdung ist eine Intervention im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten nötig. Alle Fachkräfte in sozialen Bereichen, in denen mit Kindern, Jugendlichen und deren (leiblichen, sozialen, rechtlichen) Eltern gearbeitet wird, müssen ein Basisfachwissen und Basishandlungskompetenzen im Kinderschutz haben, um professionell handeln zu können (vgl. Linke/Eckhardt 2023). Dies führt zu der Frage, wie Hochschulen Studierende auf deren spätere Tätigkeit in der Praxis vorbereiten?
Die Integration des Themas Kinderschutz erfolgt in den meisten Hochschulen in Deutschland unzureichend. Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) schreibt als Ergebnis des 2020 durchgeführten „Fachgespräches Kinderschutz“ auf seiner Homepage: „Hochschulen sind mit der Ausbildung von Fachkräften für die Arbeit im Kinderschutz überfordert.“ (NZFH 2020) Diese Aussage kann verschieden interpretiert werden und Gründe haben. Einerseits sind die Möglichkeiten im Studium aufgrund der Rahmenbedingungen begrenzt und im Studium kann nicht alles vermittelt und gelernt werden, was später in der Praxis gebraucht wird, andererseits können sich Hochschulen, vor allem im Bereich der Sozialen Arbeit, ihrer Verantwortung im Kinderschutz auch nicht entziehen. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlich verankerten Wächteramt und der Garantenpflicht von Sozialarbeitenden im Jugendamt und der aus dem SGB VIII hervorgehenden Verantwortung aller Fachkräfte die in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind. Sozialarbeitende müssen bereits im Studium grundständige Kenntnisse im Kinderschutz erlangen, dies betrifft auch Wissen zu sexualisierter Gewalt. Der Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) am 12./13. Mai 2022 in Berlin fordert hier sehr deutlich: „Die JFMK hält es für erforderlich, die Handlungskompetenz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt noch stärker zum Pflichtbestandteil relevanter Studiengänge sowie beruflicher Ausbildungsgänge zu machen. Insbesondere gilt dies für die Studiengänge der Sozialpädagogik, der Heilpädagogik und der Sozialen Arbeit…“ (JFMK 2022). Ausgehend von der Prävalenz zu sexualisierter Gewalt, die Hellfeld- und Dunkelfeldstudien zeigen (vgl. BKA 2024; Weller 2021), und in Bezug zum Beschluss der JFMK wurde vom Arbeitsstab der UBSKM 2023 ein Praxisaustausch zum Kinderschutz in der Lehre Sozialer Arbeit organisiert. An einer Umfrage der Hochschule Koblenz zur Vorbereitung der Veranstaltung nahmen Lehrende aus 10 Bundesländern teil. Die Hochschule Zittau/Görlitz wurde durch Prof. Dr. Torsten Linke vertreten und war neben drei Hochschulen aus Berlin die einzige Hochschule aus den neuen Bundesländern, die sich beteiligte (vgl. UBSKM 2023).
Der von den KollegInnen der HSZG entwickelte digitale Kurs kann ergänzend zu den Lehrveranstaltungen im Präsenzstudium einen Beitrag leisten, angehende Fachkräfte besser auf ihre zukünftigen Aufgaben in der Praxis vorzubereiten. Es geht um eine Unterstützung des professionellen Umgangs mit Fragen des Kinderschutzes, des Kindeswohls und von Kinderrechten.
Torsten Linke, 01/2025
Quellen:
Bundeskriminalamt (BKA) (2024): Im Fokus: Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023. https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/SexualdeliktezNvKindernuJugendlichen/2023/BLBSexualdelikte_2023_node.html (13.01.2025)
Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) (2022): Protokoll-JFMK-2022. TOP 6.2 Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. https://jfmk.de/beschluesse/ (14.01.2025)
Linke, T./Eckhardt, A. G. (2023): Editorial: Kinderschutz in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, 3-2023, S. 293-296. DOI: https://doi.org/10.3224/diskurs.v18i3.01
Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) (2020): Ausbildung: Kinderschutz im Studium der Sozialen Arbeit. https://www.fruehehilfen.de/qualitaetsentwicklung-kinderschutz/fachgespraeche-zum-kinderschutz/fit-fuer-den-kinderschutz/ausbildung-kinderschutz-im-studium-der-sozialen-arbeit/ (14.01.2025)
Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) (2023): Debattenbeitrag Kinderschutz in der Lehre Sozialer Arbeit – Praxisaustausch. https://beauftragte-missbrauch.de/mediathek/publikationen/expertisen-und-studien (14.01.2025)
Weller, K./Bathke, G.-W./Kruber, A./Voß, H.-J. (2021): PARTNER 5 Jugendsexualität 2021. Primärbericht: Sexuelle Bildung, sexuelle Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt. Merseburg: Hochschule Merseburg. https://www.ifas-home.de/partner-5-jugenderhebung/ (13.01.2025)
Literaturempfehlungen zur weiteren Vertiefung (weitere Infos finden Studierende der HSZG im Opal-Kurs):
Biesel, K./Urban-Stahl, U. (2022): Lehrbuch Kinderschutz. Weinheim: Beltz Juventa.
Böwer, M./Kotthaus, J. (Hrsg.) (2018): Praxisbuch Kinderschutz. Professionelle Herausforderungen bewältigen. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.
Gebrande, J. (2021): Soziale Arbeit nach traumatischen Erfahrungen: Grundkenntnisse für den Umgang mit traumatisierten Menschen. Baden-Baden: Nomos.
Krolzik-Matthei, K./Linke, T./Urban, M. (Hrsg.) (2020): Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Traumatisierung. Aktuelle Ergebnisse und Befunde aus Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit. Gießen: Psychosozial-Verlag. DOI: https://doi.org/10.30820/9783837976946
Retkowski, A./Treibel, A./Tuider, E. (Hrsg.) (2018): Handbuch Sexualisierte Gewalt und pädagogische Kontexte. Theorie, Forschung, Praxis. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.
Wersig, Tim (Hrsg.) (erscheint 2025): Fachberatung im Kinderschutz. Ein Praxishandbuch. Opladen: Budrich.